Die Planungen zur Kaarster Mitte schreiten voran. Die planenden Büros De Zwarte Hond und urbane gestalt haben ihren überarbeiteten Siegerentwurf dem Bau- und Planungsausschuss am 07.12.2022 vorgestellt. In der Sitzung am 07.02.2023 hat der Bau- und Planungsausschuss dem Masterplan dann zugestimmt.
Nachdem die politischen Gremien ihr Zustimmung zum Masterplan Innenstadt gegeben haben, werden nun Anwohner und Eigentümer in einzelnen Gesprächsrunden über die weiteren Planungen informiert. Mit den Anwohnern der Straße Am Dreieck wurde bereits über das weitere Vorgehen diskutiert.
In einem nächsten Schritt werden den Eigentümern des Maubiszentrums die Ideen zur Innenstadt vorgestellt werden.
Planungsrecht
Ein Großteil des öffentlichen Raumes und der zu bebauenden Grundstücke befinden sich im Eigentum der Stadt Kaarst. Die Wohn- und Geschäftshäuser des Maubiszentrums sind dagegen im Besitz einer Vielzahl von privaten Eigentümern. Daher konzentriert sich die Stadt Kaarst im nächsten Schritt auf die Entwicklung der städtischen Grundstücke.
Für diese Projekte soll nun Planungsrecht geschaffen werden. Der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 129 „Innenstadt Kaarst“ –Kaarst- wurde bereits gefasst. Die frühzeitige Beteiligung der Bürger und Träger öffentlicher Belange wird demnächst erfolgen.
Die Rahmenbedingungen für private Investitionen der Eigentümer der Immobilien im Maubiszentrum wie zum Beispiel energieeffiziente Fassadengestaltungen, eventuelle bauliche Ergänzungen etc. können grundsätzlich im direkten Dialog mit der Stadt Kaarst geschaffen werden.
Zentrale Elemente der Planung
- Neubau Haus der Möglichkeiten
Das Haus der Möglichkeiten soll zwischen Rathaus, Maubiszentrum und Rathausarkaden das Zentrum verdichten und über drei Geschosse nutzbaren Raum für Gewerbe, Büroflächen, Gastronomie, Kultur etc bieten. Aufgrund der exponierten Lage wird es eine zentrale Aufgabe sein, das Gebäude architektonisch und städtebaulich hervorzuheben und gleichzeitig in den Innenstadtkern einzufügen. Nach Schaffung der Planungssicherheit soll das Gebäude durch einen Investor errichtet werden.
- Neubau Wohnen Plus
Auf dem Grundstück des City-Hauses (ehemals Haus der Senioren) sehen die Planungen die Schaffung von neuem barrierefreiem Wohnraum vor. Wohnen Plus soll zudem die Möglichkeit bieten, im Erdgeschoss eine öffentlich zugängliche soziale Nutzung (z. B. Tagespflege etc.) zu integrieren. Die Lagequalität am Stadtpark sichert ein ruhiges und qualitativ hochwertiges Wohnumfeld sowie die Nähe zur Innenstadt mit einer Vielzahl von Versorgungseinrichtungen für alltägliche Bedarfe
- Gestaltung des Grünen Platzes
Der Grüne Platz soll den Kaarster Bürgern besondere Aufenthaltsqualität bieten. Die angrenzende Gastronomie und umliegende Gewerbetreibende haben die Möglichkeit, den Außenraum mit zu nutzen. Durch die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs wird der öffentliche Raum teilweise entsiegelt und begrünt. Hier können die Innenstadtbesucher einen schattigen und kühlen Ort im Sommer auffinden. Neue Sitzmöglichkeiten laden zum Verweilen ein.
- Umgestaltung des öffentlichen Raumes
Mit dem Bau des Hauses der Möglichkeiten ist vorgesehen, die Alte Heerstraße nördlich des Gebäudes umzuleiten. Der neue Straßenraum trägt als Shared space zur Verkehrsberuhigung der gesamten Innenstadt bei. Die Grüne Achse hingegen wird zwischen Stadtpark und Hunengraben fortgeführt und fördert durch zusätzliche Begrünungselemente und entsiegelte Flächen das Mikroklima der Innenstadt.
Ausblick
Gerade in Zeiten des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und klimatischen Umbruchs ist es wichtig, rechtzeitig Konzepte für die Zukunft der Innenstadt zu entwickeln, um Konfliktpunkte zu erkennen, zu lösen und Potentiale zu stärken. Auch wenn es allen Beteiligten bewusst ist, dass die Umsetzung der gesamten Maßnahmen eine Generationenaufgabe sein wird, so ist man doch überzeugt, dass gerade jetzt der richtige Zeitpunkt ist, mit der Umsetzung zu beginnen.
Rückblick
Seit dem Bau des Rathauses und der Gestaltung des angrenzenden Stadtparks ist die Kaarster Mitte fraglos zum Identifikationspunkt der Stadt geworden. Doch für die Zukunftsfähigkeit der Innenstadt braucht es neue Impulse.
Daher hat die Stadt einen zweistufigen Wettbewerb durchgeführt, an dessen Ende ein Masterplan für die Kaarster Stadtmitte steht. Während des Wettbewerbes hatten alle Kaarster Bürgerdie Chance, sich in die konkrete Entwicklung der Stadtmitte einzubringen. Vier Planungsbüros stellten sich der Herausforderung, einen städtebaulichen Entwurf zu entwickeln, der die Ergebnisse aus der Bürgerbeteiligung aufgreift und damit die Richtung für die tatsächliche Umsetzung mit neuen Baukörpern liefert. Im Juni 2021 ging dieser Wettbewerb mit der Juryentscheidung für die beste ganzheitliche Planung zu Ende.
Das Team der Architekten von „DeZwarteHond“ und des Landschaftsplaners von „urbanegestalt“ hat hierzu den besten Entwurf geliefert. Sie überzeugten die Jury mit einer klaren Dimensionierung der künftigen zentralen Plätze, einer mutigen Verlagerung der Alten Heerstraße und dem klaren Bekenntnis zur Grünen Achse. „Sie haben den richtigen Maßstab gefunden“, fasste der Juryvorsitzende Professor Peter Schmitz die Vorzüge des Entwurfs zusammen.
Im Rahmen einer Bürgerversammlung wurden alle interessierten Bürger über die Pläne für die zukünftige Gestaltung der Innenstadt und des anschließenden Stadtparks informiert. In verschiedenen Themenrunden konnten die Besucher mit Planern, Verwaltung und Politik zur Umgestaltung der Innenstadt, des Stadtparks und zur verkehrlichen Entwicklung der Innenstadt diskutieren, Anregungen geben und gemeinsam Lösungen finden.
Deutschlandstudie Innenstadt 2022
Die Verwaltung möchte auf die „Deutschlandstudie Innenstadt 2022“ hinweisen ( cimamonitor.de/deutschlandstudie-innenstadt/ ), die vom Deutschen Städte- und Gemeindebund beauftragt und von der CIMA Beratung und Management zusammen mit dem Handelsverband Deutschland (HDE) sowie weiteren Partnern erarbeitet wurde.
Die Deutschlandstudie Innenstadt greift die viel diskutierten Innenstadtherausforderungen auf und liefert zentrale Erkenntnisse zum Einkaufs- und Mobilitätsverhalten. Hierzu wurden Innenstadtbesuchende gefragt: Was macht Deutschlands Innenstädte attraktiv? Was hat sich durch die Pandemie geändert? Wie wird das Konsum- und Verkehrsverhalten beeinflusst? Welche Anforderungen stellen Bürger und Verbraucherkonkret an die Innenstädte und Zentren der Zukunft? Und nicht zuletzt: Welche Angebote und Funktionen werden erwartet?
Aus der Untersuchung geht hervor, dass mit Blick auf Innenstädten und Ortskerne ein dauerhafter Besuchsverlust von 20 Prozent, insbesondere in Kleinstädten mit bis zu 10.0000 Einwohnern, droht. Besonders die älteren, kaufkräftigeren Bürger bleiben künftig der City fern. Ein Einbruch, der kaum zu verkraften wäre. Die Zahlen belegen zudem, dass die Einkaufsmöglichkeiten bei der Bewertung der Attraktivitätsfaktoren noch immer an der Spitze stehen. Dennoch sinkt deren Bedeutung. Stattdessen werden die Faktoren Stadtgrün, Gastronomie, Sauberkeit und Aufenthaltsqualität wichtiger. Dass eine attraktive Innenstadt sich durch Einkaufsmöglichkeiten auszeichnet, geben insbesondere unter 30-Jährige immer seltener an – hier besteht ein Minus von 35 Prozent. Fragt man die Bürger, so wünschen sie sich einen größeren Mix an Angeboten, über Gesundheitsdienstleistungen bis hin zu Bildungseinrichtungen. Darüber hinaus besteht der große Wunsch nach Zonen zum Ausruhen und Verweilen.
Die Studienergebnisse belegen einen Trend, der in und nach der Corona-Pandemie bereits spürbar wurde: Eine monofunktionale Ausrichtung von Innenstädten und Ortskernen wird keine Zukunft haben. Hiervon sind insbesondere kleinere und mittlere Kommunen betroffen. Innenstädte und Ortskerne müssen daher qualitativ, emotional und nutzungsorientiert aufgewertet werden. Die Studie unterstreicht, dass es vielfältiger Maßnahmen zur Stabilisierung unserer Innenstädte und Ortskerne bedarf. Neben attraktiven Einkaufsmöglichkeiten bedarf es zukünftig mehr Grün und Blau in den Innenstädten, aber auch spannende Gastronomie-, Kultur- Bildungs- und Freizeitangebote. Auch das Wohnen sollte, wo sinnvoll möglich, als Nutzungsart verstärkt mitgedacht werden.
Nur mit einem vielfältigen Nutzungsmix wird es möglich sein, lebenswerte Innenstädte, die zum Besuch und zum Verweilen einladen, zu schaffen. Es sind alle Innenstadtakteure einschließlich der Immobilieneigentümer aufgefordert, gemeinsam tragfähige Innenstadtkonzepte zu entwickeln, denn die Innenstädte und Ortskerne bleiben das Herzstück und die „Visitenkarte“ einer Stadt oder Gemeinde. Bund und Länder müssen im Übrigen durch eine Optimierung der planungsrechtlichen Vorgaben sowie durch eine passgenaue Förderpolitik die Rahmenbedingungen der Innenstadtentwicklung weiter verbessern.
Aus Sicht der Verwaltung lassen sich aus dieser Deutschlandstudie Innenstadt 2022 viele Rückschlüsse zur Kaarster Innenstadt ableiten.