Beim Neujahrsempfang der Stadt Kaarst begrüßte der Verwaltungsvorstand um Bürgermeisterin Ursula Baum die Bürgerinnen und Bürger im Rathaus. Dabei stellte sich der designierte Technische Beigeordnete Harald Droste, der im Frühjahr auf Sigrid Burkhart folgen wird, die sich in den Ruhestand verabschiedet, den Kaarsterinnen und Kaarster persönlich vor. Den Segen für das Jahr brachten die Sternsinger gemeinsam mit ihren besinnlichen Liedern im Rathaus vorbei. Ebenfalls zu Gast: der jüngste Karnevalsprinz der Kaarster Geschichte, Raphael I..

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Die Rede von Bürgermeisterin Ursula Baum beim Neujahrsempfang der Stadt Kaarst am 13. Januar 2024, im Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Ihnen heute Morgen den Nachfolger unserer Technischen Beigeordneten vorstellen und begrüße deshalb ganz herzlich meinen bald neuen Kollegen im Verwaltungsvorstand – Harald Droste. Herr Droste arbeitet derzeit noch als verantwortlicher Planer der Stadt Viersen, war davor bei der Stadt Düsseldorf in leitender Funktion beschäftigt und ich bin sehr froh, dass wir einen so versierten und erfahrenen Kollegen zur Stadt Kaarst locken konnten.

Ich habe in Frieden den Jahreswechsel gefeiert. Mit meinem Mann. Mit meinen Liebsten.

Wir haben Frieden. Wir können feiern. Das ist nicht selbstverständlich.

Frieden bewahren: Das geht auch im Kleinen, muss uns auch in Kaarst gelingen. Dazu gehört, dass wir als Stadtgesellschaft zusammenhalten. Hart in der Sache, aber immer fair im Umgang. Dazu gehört auch, dass wir unsere Freiheit im Denken, im Handeln und Zusammenleben verteidigen.

Dieser Zusammenhalt wird in den kommenden Monaten weiter auf eine harte Probe gestellt. Denn wir werden unpopuläre Maßnahmen vorschlagen, um die Handlungsfreiheit der Stadt zu erhalten.

Ich möchte Ihnen einige Zahlen geben, um die Ausgangssituation zu verdeutlichen: Unser Investitionsbedarf ist mit rund 300 Millionen Euro gewaltig. Warum? Weil in dieser Stadt zu lange nicht in den Gebäudebestand investiert wurde. Und weil wir – wie andere Kommunen auch – in Schulen und Kitas investieren müssen, um den Rechtsanspruch auf Betreuung sicherzustellen. Weil wir Unterkünfte für geflüchtete Menschen bereitstellen müssen – rund 1200 Menschen aus Syrien, der Ukraine und anderen Ländern dieser Erde leben mittlerweile bei uns und erhalten von uns ein Dach über den Kopf.

Weil wir investieren müssen, steigen natürlich auch die Belastungen durch die Rückzahlung der Kredite. Auch die Stadt finanziert zu marktüblichen Konditionen. Unsere Ausgaben übersteigen bei weitem unsere Ausgaben. Dies übrigens nicht erst seit gestern. Allerdings haben Corona, der Ukraine-Krieg und der Weggang eines sehr großen Gewerbesteuerzahlers die grundsätzliche Entwicklung noch einmal beschleunigt. Um den Haushalt zu konsolidieren müssen wir harte Einsparungen vornehmen und unsere Einnahmen steigern.

Ich habe immer gesagt, dass wir als Verwaltung bei diesem Konsolidierungsprozess vorangehen wollen. Wir sparen als Stadt zunächst bei uns. Deshalb wollte ich mit diesem Neujahrsempfang ein Zeichen setzen. Ein bisschen Wasser haben wir noch in unseren Beständen gefunden. Die Sternsinger übernehmen gegen eine Spende den musikalischen Teil. Darüber hinaus möchte ich ganz bewusst deutlich machen, dass wir uns schöne Dinge derzeit einfach nicht mehr leisten können.

In den letzten Tagen habe ich mit meinen Kollegen aus dem Verwaltungsvorstand hunderte Seiten mit Einsparvorschlägen und Maßnahmen zur Ertragssteigerung durchgearbeitet. Dabei ist auch deutlich geworden, dass wir in Kaarst zwar einige hohe Standards hatten und haben. Dass wir aber in den zurückliegenden Jahren bereits an vielen Stellschrauben gedreht haben, die andernorts sofort zur Entlastungen führen.

Um also dennoch Effekte zu erzielen, wird es spürbare Einschnitte geben. Dabei ist es mir wichtig, dass diese Entscheidungen von einer möglichst breiten politischen Mehrheit getragen werden und wir trotz aller Sparzwänge mit Augenmaß und mit dem Anspruch der Gleichbehandlung aller Kaarsterinnen und Kaarster agieren.

Ich habe immer betont, dass ich bei Familien und Kindern keine gravierenden Einschnitte vornehmen möchte. Dazu stehe ich. Und dennoch wird es Zwänge geben, denen wir uns beugen müssen.

Umso wichtiger ist es, dass wir sehr schnell Erfolge bei der Ansiedlung neuer Unternehmen vorweisen können. Wie einige von Ihnen sicherlich bereits bemerkt haben, haben wir endlich die Erschließungsarbeiten am alten Standort von Ikea eingeleitet.

Das hat lange gedauert, aber gibt uns nun endlich auch in der Vermarktung der Grundstücke den nötigen Rückenwind. In der letzten Ratssitzung des Jahres haben wir den Verkauf von zwei zentralen Grundstücken im Gewerbegebiet Kaarst-Ost beschlossen. Die dadurch zu erwartenden Einnahmen aus der Gewerbesteuer helfen uns - natürlich müssen die Unternehmen aber erst einmal bauen und ihre Geschäfte in Kaarst aufnehmen.

Dennoch: Wir sind in der Wirtschaftsförderung auf einem guten Weg. In den kommenden Wochen werden wir mit einer breit angelegten Vermarktungskampagne unsere Bemühungen noch einmal intensivieren und ich bin mir sehr sicher, dass wir im Jahr 2024 weitere Ansiedlungen vermelden können.

Ich habe eben bereits über unseren Investitionsbedarf gesprochen. Drei Projekte möchte ich an dieser Stelle gesondert betrachten: die Innenstadtentwicklung, den Neubau der Grundschule Stakerseite und den Anbau der Katholischen Grundschule.

Die Umgestaltung der Innenstadt ist von besonderer Bedeutung für die Zukunft der Stadt Kaarst. Sie soll im Herzen der Stadt neue Akzente setzen, die Aufenthaltsqualität steigern, den Handel und die Gastronomie stärken und damit eine vitale Innenstadt erhalten.

Dazu haben wir unter einer sehr breiten Beteiligung aller – und ich betone – aller relevanten Akteure einen Wettbewerb durchgeführt, der mit einem ambitionierten Gewinnerentwurf zu Ende gegangen ist.

Nun müssen wir uns fragen, ob wir in der aktuellen Situation einen solchen Entwurf umsetzen können. Ich sage: Nein, das schaffen wir nicht. Dies bedeutet aber nicht, dass nun nichts mehr passieren wird. Im Gegenteil: Denn der Handlungsbedarf ist erkannt. Unser Planungsamt hat eine alternative Gestaltung erarbeitet, die in Etappen umzusetzen wäre. Wesentliche Änderung im Vergleich zum Siegerentwurf: Das „Haus der Möglichkeiten“ wird nicht auf die Alte Heerstraße sondern auf die Fläche der ehemaligen Martinsklause gesetzt. In diesem Zusammenhang begrüße ich es sehr, dass die CDU das Thema ebenfalls aufgegriffen hat. In unserem Arbeitskreis Innenstadt werden die verschiedenen Vorstellungen und auch die Kritik einzelner Akteure sorgfältig abgewogen. Mein Wunsch ist es, dass wir stufenweise zu einer signifikanten Verbesserung der Stadtmitte kommen. Ich möchte an dieser Stelle aber auch ganz klar festhalten, dass wir nie alle Menschen glücklich machen werden. Nicht, wenn alles bleibt, wie es ist. Und auch nicht, wenn wir Veränderungen herbeiführen.

Sie erinnern sich an den Beginn meiner Rede und den Zusammenhalt einer Stadtgesellschaft. Was wir zuletzt in Bezug auf den Wechsel einer Gastronomie erlebt haben, darf sich im größeren Maßstab der Umgestaltung einer Innenstadt so nicht wiederholen.

Demokratie – meine Damen und Herren - lebt von inhaltlicher Debatte, lebt von Argumenten und der Suche nach Kompromissen. Demokratisch getroffene Entscheidungen müssen dann aber auch verlässlich umgesetzt werden. Persönliche Betroffenheit wird es immer geben. Polemik, Indiskretionen und üble Nachrede bereiten aber in solchen Debatten den Nährboden für Menschen, die unsere Spielregeln der Demokratie, den Kompromiss und die Verlässlichkeit brechen wollen. Dies dürfen wir nicht zulassen. Und dagegen werde ich mich auch persönlich immer zu Wehr setzen.

Drängender noch als die Innenstadtentwicklung ist der Neubau der Grundschule Stakerseite. Hier haben wir viel Zeit verloren, weil wir auch als Stadt Fehler gemacht haben. Mittlerweile wurde ein neuer Generalplaner gefunden, der auf Basis der erarbeiteten Entwürfe in die Umsetzung kommen soll. Ziel ist es, trotz gestiegener Baukosten ein Budget einzuhalten, das wir uns noch leisten können. Ich bin zuversichtlich, dass wir in diesem Jahr endlich in die konkrete Umsetzung kommen können. Die Schule braucht diesen Neubau und wir stehen als Stadt in der Pflicht, dieses Vorhaben umzusetzen.

Gleiches gilt für den Anbau der Katholischen Grundschule. Der sollte ebenso wie die Grundschule Stakerseite schon fertig sein. Leider hat der Bauträger unerwartet zurückgezogen, so dass wir uns erneut auf den Weg machen mussten. Auch hier haben uns zwischenzeitliche Kostensteigerungen sowie handwerkliche Fehler bei der Ursprungsplanung zurückgeworfen. Jetzt stehen wir vor der Situation, dass wir den Bedarf decken und gleichzeitig die Investitionen in einer zeitlichen Reihenfolge priorisieren müssen, um den Haushalt nicht zu überfordern. Auf dieser Liste steht die KGS weit oben: Auch hier wollen wir 2024 die Umsetzung einleiten.

Meine Damen und Herren, ich habe es eingangs betont: Wir leben in Frieden. Dafür gibt es kaum ein schöneres Zeichen als unseren Nachwuchs, den ich in Form der Sternsinger sehr herzlich in unserem Rathaus begrüßen möchte. Die Sternsinger werden uns gleich ihren Segen bringen und freuen sich über eine Spende für die Regenwälder in Südamerika. Ich wünsche Ihnen allen einen guten Start in ein sicherlich erneut herausforderndes Jahr 2024.

Ich wünsche Ihnen Glück, Gesundheit und Zufriedenheit. Und bitte bleiben Sie zuversichtlich. Wir haben allen Grund dazu. Vielen Dank.