Schnell gelesen:

  • Absenkung des Grundwasserspiegels wegen Nähe zum Trinkwasserwerk Büttgen-Driesch nur eingeschränkt möglich
  • Betroffenheit wegen vollgelaufener Keller in Kaarst beschränkt sich auf einige Viertel in Holzbüttgen, in Vorst und im äußersten Kaarster Westen rund um die Flachsbleiche
  • Bürgerinformationsveranstaltung zur Thematik noch für dieses Jahr angekündigt

Mit einem Vortrag des Erftverbandes informierte die Stadt gestern im zuständigen Fachausschuss über die Grundwasser-Problematik in Kaarst. Zwei Kernaussagen bleiben festzuhalten: 1. Eine Absenkung des Grundwasserspiegels ist wegen der Nähe zum Trinkwasserwerk Büttgen-Driesch nur eingeschränkt möglich. 2. Die Betroffenheit wegen vollgelaufener Keller in Kaarst beschränkt sich auf einige Viertel in Holzbüttgen, in Vorst und im äußersten Kaarster Westen rund um die Flachsbleiche. Bürgermeisterin Ursula Baum kündigte zum Thema eine zeitnahe Bürgerinformationsveranstaltung an. Im nächsten Schritt müsste ein Gebäudekataster erstellt werden.

Stefan Simon und Holger Diez vom Erftverband stellten in ihrem Vortrag zwei theoretische Möglichkeiten eines Eingriffs in den Grundwasserspiegel vor. Grundlage hierfür bildet eine Studie des Erftverbandes aus dem Jahr 2008. Die aktuellen Grundwasserstände wurden in der jetzt vorgestellten Präsentation berücksichtigt. Demnach könnte mit drei ausgesuchten Pumpenstandorten der Grundwasserspiegel gesenkt werden: Unmittelbar am Brunnen um rund 50 Zentimeter. Zwei dieser Brunnen würden in Holzbüttgen am Schwarzen Weg und an der Nordkanalallee liegen, im Ortsteil Kaarst ist die Flachsbleiche als optimaler Standort identifiziert worden. Im weiteren Bereich der Brunnenanlagen wären Absenkungen um rund 30 Zentimeter und um bis zu 10 Zentimeter im äußeren Einflussbereich der Pumpen zu erwarten. Der Einflussbereich ist allerdings begrenzt und erstreckt sich nicht auf das gesamte Stadtgebiet.
 
Weitergehende Absenkungen sind nach den Ausführungen der Experten rechtlich unzulässig, da die Stadt Kaarst den Regularien der Wasserbewirtschaftung des Rhein-Kreises Neuss unterliegt. Diese schreiben vor, dass die Einflussbereiche der Grundwasserpumpen der Wasserwerke zur Bereitstellung des Trinkwassers nicht durch Eingriffe verändert werden dürfen.

Sollte in Kaarst gepumpt werden, würde das abgepumpte Grundwasser über den Nordkanal abgeleitet werden. Der Nordkanal ist gleichzeitig die zweite Option einer Grundwasserabsenkung in ähnlicher Größenordnung, allerdings mit deutlich eingeschränktem Einflussbereich. Eine dauerhafte Entschlammung und Vertiefung des Nordkanals wäre hierfür notwendig – diese Arbeiten müssten regelmäßig wiederholt werden. Der Erftverband schätzt die Kosten dieser dauerhaften Ertüchtigung des Nordkanals höher als für die Pumpmaßnahmen ein.

Dabei sind die Kosten des Baus und des Betriebs der Pumpen noch nicht abschließend untersucht. Nach ersten Schätzungen kostet allein der Bau der Brunnen jeweils rund 200.000 Euro. Zusätzliche Kosten würden durch das Ableitungssystem in den Nordkanal entstehen. Hier geht man von Herstellungskosten in Höhe von rund 300.000 Euro je Brunnenanlage aus. Da in Holzbüttgen durch eine räumlich begrenzte Altlast eine größere Verunreinigung des Grundwassers bei einem Abpumpen zu befürchten ist, könnten die nun präsentierten Brunnenstandorte dort womöglich nicht realisierbar sein.

Wo die Brunnen tatsächlich gebaut werden würden, hängt von einer möglichst genauen Analyse der tatsächlichen Betroffenheit ab. Die vorgelegte Studie basiert auf den bekannten Höhen der Kanaldeckel im Stadtgebiet und simuliert eine Betroffenheit unter Annahme eines Grundwasserhöchststandes. Ein Gebäudekataster, wie es beispielsweise in Korschenbroich existiert, gibt es in Kaarst nicht. Für eine belastbare Planung und Kostenermittlung ist dieses Kataster zwingend notwendig, um möglichst effektive Maßnahmen festzulegen.

Die Abfrage der für das Kataster benötigten Daten, beispielsweise die Beschaffenheit des Kellers und mögliche Grundwassereintritte, ist freiwillig. Bürgermeisterin Ursula Baum warb schon jetzt dafür, bei einer möglichen Abfrage mitzumachen: „Ich sehe eine moralische Pflicht der Stadt, den Betroffenen wirklich zu helfen. Ob das gelingt und finanziert werden kann, hängt auch von einem möglichst genauen Bild der Betroffenheit ab. Nur so können wir eine politische Entscheidungsgrundlage schaffen, ob die Stadt sich hier engagieren soll.“ Bei einer Bürgerinformationsveranstaltungen noch in diesem Jahr soll auch über das weitere Vorgehen informiert werden. Zeitpunkt und Ort der Veranstaltung wird durch die Stadt rechtzeitig mitgeteilt.

Im lebhaften Austausch mit den anwesenden Bürgern räumten die Experten des Erftverbandes gestern Abend auch mit hartnäckigen Gerüchten zum Grundwasser auf. So sei die Grundwassersituation in Kaarst unabhängig vom Tagebau zu betrachten, so Simon. Ein Einfluss des Tagebaus im Braunkohlereviers auf die Grundwasserstände in Kaarst sei ausgeschlossen.

Weitere Infos: www.kaarst.de/grundwasser