Richtlinie für das Förderprogramm Dach-, Fassaden- und Vorgartenbegrünung

vom 22.06.2022

1. Hintergrund

Aufgrund der hohen Dichte in den Siedlungsbereichen der Stadt Kaarst sind zusammenhängende Grünstrukturen selten vorzufinden. Die Stadt Kaarst schätzt die vielfältigen Bemühungen ihrer Bürgerinnen und Bürger, mit Hilfe von Begrünung auf privaten Flächen die Qualität der Siedlungsbereiche zu verbessern. Andererseits ist ein starker Trend hin zur vermeintlich „pflegeleichten“ Gartengestaltung zu erkennen. Die Fülle an Vegetation auf den privaten Grundstücken reduziert sich dramatisch. Bei hoher Sonneneinstrahlung entstehen im Stadtgebiet sogenannte Hitzeinseln. Dabei können Begrünungen auf privaten Flächen einen Beitrag zur Klimafolgenanpassung und Erhöhung der Artenvielfalt leisten. Zur Verbesserung des Klimas im Stadtgebiet stellt die Stadt Kaarst ein Förderprogramm zur Dach-, Fassaden- und Vorgartenbegrünung auf.

2. Ziele des Förderprogramms

  • Verbesserung des Stadtklimas und des Ortsbildes,
  • Zurückhaltung von Niederschlagsmengen auf den privaten Grundstücken (wichtig für Starkregenereignisse),
  • Synergieeffekt bei zusätzlicher Installation einer Photovoltaikanlage (PV-Anlage): Erhöhung des Ertrages um bis zu 25 %,
  • Schutz von Wohnraum durch das dichte Blattwerk vor Hitze und Kälte, besonders bei nicht gedämmten Gebäuden,
  • CO2- und Staubbindung,
  • Schaffung von Lebensraum für Tiere,
  • Vorbeugung von Hitzeinseln,
  • Unterstützung und Sicherung der natürlichen Bodenfunktion
  • Schaffung und Erhalt von Versickerungsmöglichkeiten des Regenwassers sowie Auffüllen des Grundwasserkörpers.

3. Gegenstand der Förderung

Förderfähig sind alle freiwilligen Maßnahmen, die der Entsiegelung und gärtnerischen Gestaltung von Vorgärten oder der Begrünung von Dächern oder Fassaden dienen.

Folgende Maßnahmen können gefördert werden:

3.1 Dachbegrünungen

Gefördert wird die fachgerechte Anlage von extensiven oder intensiven Dachbegrünungen auf Flachdächern oder flachgeneigten Dächern bis 15° im Wohn- und Gewerbebau auf dem gesamten Gebiet der Stadt Kaarst sowohl bei Neubauten als auch bei Nachrüstung vorhandener Dächer mit Begrünungen. Eingeschlossen sind auch Carports und Garagen.

Förderfähig sind Dachbegrünungen ab einem Gesamtaufbau von mind. 6 cm Stärke (Bepflanzung nicht mitgerechnet).

Die Förderung erfolgt erst ab einer Nettovegetationsfläche von mindestens 10 . Bei der Nettovegetationsfläche von Dachbegrünungen werden Aussparungen unter 2,5 Einzelflächen (z.B. Dachfenster, Schächte, Lichtkuppeln) nicht abgezogen, sondern übermessen. Kiesstreifen und Platten zum Zwecke des Brandschutzes, der Windsogsicherung oder sonstigen Funktionen werden nicht zur Nettovegetationsfläche gerechnet.

Für die Begrünung von Dächern werden folgende Maßnahmen gefördert:

  • Aufbau der Vegetationsschicht (inkl. wurzelfester Abdichtung, Schutzvlies, Filtermatte, Drainschicht und Substrat),
  • Ansaat oder Bepflanzen und Fertigstellungspflege,
  • Kosten für die Planung, Bauleitung und Ausführung durch eine anerkannte Fachkraft.

Wer vorab das Potenzial seiner Immobilie überprüfen möchte, kann im Gründachkataster des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW recherchieren:
https://www.klimaanpassung-karte.nrw.de/?feld=gruendach

3.2 Fassadenbegrünungen

Gefördert wird die fachgerechte Begrünung von Gebäudefassaden und sonstigen Bauwerken wie Mauern und Zäunen mit selbstkletternden Pflanzen sowie durch Rank- und Schlingpflanzen mittels geeigneter Kletterhilfen.

Für die Begrünung von Fassaden werden folgende Maßnahmen gefördert:

  • Vorbereitende Maßnahmen wie das Entfernen und die Entsorgung von Bodenbelägen, Bodenaufbereitung bzw. Bodenaustausch, aber nicht die Fassadensanierung,
  • Rankhilfen, Fassadenbegrünungssysteme und Pergolen,
  • Pflanzen und Pflanzarbeiten und Fertigstellungspflege,
  • Kosten für die Planung, Bauleitung und Ausführung durch eine anerkannte Fachkraft (z. B. Garten- und Landschaftsbauer).

3.3 Vorgartenbegrünung

Gefördert wird die Entsiegelung von versiegelten (z.B. überbauten oder wasserundurchlässig befestigten Flächen) und teilversiegelten Flächen (wassergebundenen Wegedecken, Schotterflächen und Kiesflächen) und deren Umwandlung in Grünflächen (Vegetationsflächen wie z.B. Staudenbeete, Gehölzflächen, Wildblumenwiesen etc.) im Vorgartenbereich (privater Bereich zwischen Straßenraum und Gebäude).

Die Mindestgröße der umzuwandelnden versiegelten Flächen liegt bei 10 . DieMaßnahmen auf mehreren Teilflächen in einem Vorgarten können addiert werden. Gemeinschaftsanträge mehrerer Grundstückseigentümer sind möglich, sofern die zu entsiegelnde Fläche eine optische Einheit bildet (z.B. Vorgärten bei Doppelhaushälften).

Für die Begrünung von Vorgärten werden folgende Maßnahmen gefördert:

  • Entfernung und Entsorgung von Schotter, Kies, Beton, etc. von sogenannten Schottergärten oder befestigten Flächen,
  • Bodenaufbereitung bzw. Bodenaustausch, Lieferung und Einbringung von Oberboden,
  • Bepflanzen der Vorgartenflächen (empfohlen werden standortheimische und insektenfreundliche Gehölze, Stauden und Saatgutmischungen) und Fertigstellungspflege,
  • Kosten für die Planung, Bauleitung und Ausführung durch eine anerkannte Fachkraft (z.B. Garten- und Landschaftsbauer).

4. Förderausschluss

Folgende Maßnahmen werden nicht gefördert:

4.1 Maßnahmen, die auf das Aufstellen von Pflanzkübeln oder ähnlichem beschränkt sind, sowie Kiesschüttungen, Platten-, Holz- oder ähnliche Beläge (z. B. bei Dachterrassen) oder Dekorationen, Mobiliar oder sonstige Ausrüstungsgegenstände,
4.2 Maßnahmen, mit denen zum Zeitpunkt der Bewilligung bereits begonnen wurde,
4.3 Pflege- und Unterhaltungsmaßnahmen mit Ausnahme der Fertigstellungspflege, sofern sie Bestandteil der beauftragten Begrünung ist,
4.4 Maßnahmen die zum alleinigen Anlass für Mietpreiserhöhungen genommen werden,
4.5 Maßnahmen, die aufgrund von rechtlichen Verpflichtungen erfolgen müssen (z.B. Festsetzungen im Bebauungsplan, Auflagen in Baugenehmigungsverfahren),
4.6 Maßnahmen, die gleichzeitig durch andere Programme gefördert werden (Ausschluss der Doppelförderung),
4.7 Dachbegrünungen unter Verwendung von PVC- oder pestizidhaltigen Folien und die Überdeckung von Asbestzementdächern.

Hinweis: Der Einbau von „Wurzelfließen“/Vegetationsfließen in die entsiegelten Flächen ist nicht zulässig (Bodenfunktion/Bodenleben).

5. Zuschussberechtigte

Antragsberechtigt sind Eigentümerinnen und Eigentümer sowie Eigentümergemeinschaften von Gebäude- und Grundstücksflächen (bei Wohnungseigentümergemeinschaften ist ein rechtskräftiger Beschluss der
Gemeinschaft vorzulegen) oder sonstige dinglich Verfügungsberechtigte (z. B. Erbbauberechtigte bzw. Mieterinnen/Mieter oder Pächterinnen/Pächter mit Einverständniserklärung der Eigentümerin/des Eigentümers). Der/Die Antragsberechtigte kann sich durch eine schriftlich bevollmächtigte Vertreterin/einen schriftlich bevollmächtigten Vertreter vertreten lassen.

6. Art, Umfang und Höhe der Förderung

Die Förderung besteht in der Gewährung eines Zuschusses. Jede Anlage kann nur einmal gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf die Gewährung von Fördermitteln besteht nicht.
Maximale Einzelfördersummen:

6.1 Dachbegrünungen
Der Zuschuss beträgt 50% der als förderwürdig anerkannten Kosten, maximal jedoch 50,00 €/ Nettovegetationsfläche. Der Gesamtförderbetrag pro Vorhaben und Jahr ist auf 3.000,00 € beschränkt.

6.2 Fassadenbegrünungen
Der Zuschuss beträgt 50% der als förderwürdig anerkannten Kosten. Der Gesamtförderbetrag pro Gebäude und Jahr ist auf 3.000,00 € beschränkt.

6.3 Vorgartenbegrünung
Der Zuschuss beträgt 50% der als förderwürdig anerkannten Kosten, maximal jedoch 10,00 €/ Nettovegetationsfläche. Der Gesamtförderbetrag pro Grundstück und Jahr ist auf 500,00 € beschränkt.

Hinweise:
Die drei Fördergegenstände können pro Antragsteller und Grundstück miteinander kombiniert werden. Der maximale Gesamtförderbetrag pro Antragsteller, Grundstück und Jahr beträgt 6.500,00 €.
Im Falle des Erbringens von Eigenleistungen werden nur die aus den Rechnungen hervorgehenden Materialkosten berücksichtigt.

7. Antragsverfahren

7.1 Die Förderung muss schriftlich beantragt werden. Das Antragsformular kann hier ausgefüllt werden.

7.2 Dem Antrag zwingend beizulegen sind:
7.2.1 die Maßnahmenbeschreibung eines qualifizierten Handwerksbetriebes (bspw. Garten- und Landschaftsbaubetrieb oder Dachdeckerbetrieb), die unter anderem auch eine Beschreibung des Schichtaufbaues der Dachbegrünung, der Konstruktion der Kletterhilfe für die Fassadenbegrünung oder die Ausführungsbeschreibung der Vorgartenbegrünung/Entsiegelung enthält und der die Art der Bepflanzung (Begrünung) entnommen werden kann.
7.2.2 ein Lageplan mit Maßangaben und Foto(s), aus dem die Fläche des/r zu begrünenden Daches, Fassade oder Vorgartens zweifelsfrei ersichtlich ist.
7.2.3 ein Nachweis über die für die geplante Maßnahme voraussichtlich entstehenden Kosten durch einen verbindlichen und detaillierten Kostenvoranschlag.

7.3 Aufgrund rechtlicher Bestimmungen erforderliche Genehmigungen sind vor Bewilligung einzuholen und mit dem Antrag einzureichen:

  • Sofern die Maßnahme dem Denkmalschutz unterliegt oder den Umgebungsschutz eines Denkmals berührt, ist mit der Antragsstellung die denkmalrechtliche Erlaubnis gemäß § 9 des Denkmalschutzgesetz NRW (DSchG NRW) vorzulegen.
  • Bei Fassadenbegrünungen im Straßenraum ist eine Aufbruchgenehmigung des Straßenbaulastträgers erforderlich.
  • Bei begründetem Altlastenverdacht ist ein Nachweis zur Unbedenklichkeit der Maßnahme zu erbringen.

7.4 Mit der Maßnahme darf nicht vor Bewilligung des Antrages begonnen werden. Als Beginn ist bereits der Abschluss eines Leistungs- oder Lieferungsvertrages zu werten.

7.5 Die Förderung wird auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen schriftlich bewilligt; sie kann nachträglich nicht erhöht werden.

7.6 Sind die Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt, werden die Anträge in der Reihenfolge des Antragseingangs per Bescheid bewilligt.

7.7 Die Auszahlung des Zuschusses erfolgt nur, wenn die Fördermaßnahme entsprechend den eingereichten Unterlagen durchgeführt worden ist oder die Stadt Kaarst einer eventuellen Abänderung schriftlich zugestimmt hat.

7.8 Die Zahlung des Zuschusses erfolgt nach Fertigstellung der Anlage, Ortsbesichtigung und Bestätigung der fachgerechten Ausführung durch Mitarbeiter der Stadt Kaarst bzw. hierzu von ihr beauftragter Dritter sowie nach Vorlage folgender Unterlagen:

  • eine unterschriebene Kostenaufstellung,
  • Rechnungsbelege in Kopie (förderfähige Kosten markieren),
  • das Aufmaß,
  • ein Foto der Begrünungsmaßnahme,
  • der unterschriebene Mittelabruf.

Der Zuschuss wird nur an die beantragende Person auf das von ihr benannte Konto ausgezahlt.

7.9 Der Anspruch auf Zahlung des Zuschusses erlischt nach sechs Monaten. Die Frist beginnt mit dem Datum des Bewilligungsbescheides. In begründeten Fällen kann die Frist auf Antrag einmalig verlängert werden.

8. Rückerstattung der Förderung

8.1 Bei nicht sachgerechter Verwendung der Fördermittel oder Verstößen gegen diese Richtlinie können die Zuschüsse einschließlich Zinsen zurückgefordert werden. Der Erstattungsanspruch ist mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszins jährlich zu verzinsen.

8.2 Die geförderten Maßnahmen müssen mindestens 10 Jahre ab Fertigstellung in einem gepflegten Zustand erhalten bleiben. Werden sie vorzeitig entfernt oder beschädigt, ist der Zuschuss anteilig zurückzuzahlen. Wird das Anwesen vor Ablauf der 10 Jahre veräußert, ist der neue Eigentümer über die Bindungsfrist zu informieren.

9. Haftungsausschluss

9.1 Die Stadt Kaarst haftet nicht für Schäden, die durch geförderte Maßnahmen entstehen.

9.2 Mit der Förderung wird keine Verantwortung für die technische Richtigkeit der Planung und Ausführung übernommen. Die Verantwortung für die Prüfung der Eignung, insbesondere der statischen Belastbarkeit der zu begrünenden Flächen, liegt bei der Antragstellerin/bei dem Antragsteller.

9.3 Die Stadt Kaarst leistet keine bauliche Beratung.

9.4 Inkrafttreten

Die vorstehende Richtlinie tritt mit ihrer Bekanntmachung in Kraft. Die Richtlinie ist gültig, solange entsprechende Fördermittel hierfür zur Verfügung stehen und der Stadtrat keine Änderung der Inhalte beschließt.

Hinweis: Dachbegrünungen und Entsiegelungen werden im Rahmen der gesplitteten Abwassergebühren als Maßnahmen zur Gebührenreduktion anerkannt.